Job Shadowing in Dänemark: Think outside the box

Bei einem Kurs über Future Skills vor einem Jahr (Welche Fähigkeiten brauchen wir für die Arbeitswelt der Zukunft?) fiel mir bei der Vorstellungsrunde die Präsentation der dänischen Gruppe auf, die ihre Schule in Næsbjerg (Varde) vorstellte sowie die Arbeit der über­ge­ordneten Schulverwaltung. Von allen Schulsystemen, die im Kurs präsentiert wurden, war das dänische nämlich dasjenige, das am stärksten von dem abwich, was ich bisher kannte. Außerdem wirkten die fünf Kolleg*innen, die alle aus der gleichen Kommune/Landkreis an­gereist waren, im Gespräch immer interessiert und offen. So habe ich, um Einblicke in den Unterrichtsalltag der dänischen Schule zu bekommen, die Gelegenheit gerne ergriffen, die Nordenskov-Næsbjerg-Skole im Rahmen des Job-Shadowing-Programms von Erasmus+ zu besuchen.

An der Schule im südlichen Dänemark konnte ich drei Tage lang Unterricht in klassischen Fächern wie Dänisch, Deutsch, Musik etc. beobachten (Klassenstufen 0-10), aber auch einen Sprachförderunterricht für jüngere Kinder, der in der Bibliothek stattfand. Zudem habe ich an einer kurzen Unterrichtseinheit Dänisch für zwei ukrainische Schülerinnen teilgenommen und war bei der Nachmittagsbetreuung für jüngere Kinder dabei, beides sprachlich recht herausfordernde Programmpunkte.

Schon beim ersten Rundgang durch die Schule gab es Interessantes zu entdecken: zahlreiche Sitzgruppen auf den Fluren, Schüler*innen auf Strümpfen, Telefone in Koffern, Einzel­schreibtische im Lehrerarbeitszimmer. Dazu kam die ungewohnte Aufteilung von Unterricht in 30-Minuten-Einheiten. Dass Klassen oft aufgeteilt werden und dann die eine Hälfte z.B. Deutsch lernt, während die andere Gruppe Mathematikunterricht hat, wirkte ebenfalls unkonventionell.

Der vermutlich markanteste Unterschied zu vielen anderen Schulsystemen erschloss sich erst im Gespräch mit den dänischen Kolleg*innen: Versetzungsrelevante Zensuren erhalten dänische Schüler*innen erst ab der achten Klasse, allerdings gibt es einmal jährlich nationalweite Tests zur Orientierung. Was auf den ersten Blick den Schulerfolg einfacher erscheinen lässt, bedeutet für die Schüler*innen im Alltag jedoch vor allem eines: Eigenverantwortung. Und das ist im Unterricht deutlich zu spüren.

Beim ausführlichen Abschlussgespräch mit Schulleitung und -verwaltung wurde das Spannungs­feld deutlich, in dem sich die Schule bewegt. Auf der einen Seite hat nicht nur die Kommune große schulpolitische Freiheit und Verantwortung; auch die Schule selbst kann erstaunlich viel ausprobieren und entscheiden. Auf der anderen Seite werden aber für das ganze Land Maßstäbe und Strukturen gesetzt, z.B. mit zentralen Tests oder mit der digitalen Plattform Aula, die alle Kindergärten und Schulen des Landes zur Kommunikation mit den Eltern nutzen.

Nach drei Tage an der Schule mit interessanten Erfahrungen, Eindrücken und neuen Kontakten haben für mich drei Prinzipien, die die Schule in Næsbjerg auf vielfältige Weise ausstrahlt, eindeutig an Stellenwert gewonnen: Offenheit, Flexibilität und Pragmatismus.

Simone Antweiler